Messer in Hennen

 

 

(Knives in Hens) von David Harrower

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Handlung

Ein zeitloses Dorf in dem Gerüchte, Verdächtigungen und Aberglauben herrschen. Kein Ort für große Fragen, denn die Antworten stehen fest. Pflüger Wiliam, ein grobschlächtiger Kerl, der zuerst seine Ponys liebt, bearbeitet das Feld mit Pflugschar und Pferd. Seine junge Frau kann hart arbeiten. Er gebraucht sie weniger aus Rücksichtslosigkeit, als aus Mangel an besserem Wissen. Für ihre kindlichen Fragen hat er kein Verständnis.

Sie sieht mehr, wenn sie aufs Feld blickt, erkennt mehr in Gottes Schöpfung als nur die nackten Dinge. Sie ahnt, dass ihr Mann und das an ihn gebundene Dasein ihr das Wesentliche vorenthält. Es bleiben nur Fron und Pflichterfüllung.

Eines Tages schickt der Pflüger seine Frau zum Müller Gilbert Horn, um sein Korn mahlen zu lassen. Horn kann lesen und schreiben. Die Dörfler feinden ihn an, denn er passt nicht in ihr Konzept von einem anständigen, gottesfürchtigen Mann, der nur Arbeit, Schmerz und wenig Freude kennt. Er lebt leicht von ihrem sauer errungenen Korn. Sie wissen, Horn verfügt über böse Zauberkräfte, die den Tod seiner Frau und seines Kindes verursachten. Deshalb schärft der Pflüger seiner Frau Hass auf Horn ein.

 



 

 

 

 

 

Widerwillig begibt sie sich zur Mühle, ängstlich bemüht, dem Müller nicht zu nahe zu kommen. Sie beobachtet, wie er sich Notizen macht. Er bringt sie dazu, aufzuschreiben, was in ihrem Kopf vorgeht. Die Ahnung, dass man mit Sprache Gewalt über Dinge und Menschen ausüben kann, treibt die junge Bäuerin auf die Suche nach Selbsterkenntnis, die in Freiheit und Einsamkeit enden wird. Sie begegnet in Horn zum ersten Mal einem Menschen, der Antworten auf ihre Fragen hat, einer der Namen für Dinge weiß.

Unter der archaischen Bauernsaga von Menschen, die das Schreiben noch für Teufelszeug halten, steckt eine abgründige Spielerei über Gott, die Welt und ihre Namen. „Wer ist es, der alles in den Kopf tut? Wer kennt die Dinge beim Namen?“ – das sind Fragen, die am Anfang aller Wege aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit stehen.

Mit der Antwort „Gott“ gibt sich Horn nicht zufrieden. Indem er die Frau dazu bringt, ihm das Blatt, auf das sie widerwillig ihren Namen schrieb, zu zeigen, fordert er sie auf, vom Baum der Erkenntnis zu essen. So beginnt das Verhängnis: der Kuss, der Mord an ihrem Mann und die Erkenntnis, dass es der Mensch ist, der den Dingen ihre Bedeutung gibt. „Seine Welt ist da, vor meinen Augen. Ich muss nur die Namen hineinstoßen, in das, was da ist, so wie ich mein Messer in den Magen einer Henne stoße.“

 

 

 

 

 

 Der Text ist beim Litag Verlag Bremen erhältlich.

 

 

David Harrower wurde 1966 in Edinburgh (Schottland) geboren und lebt heute in Glasgow. Sein erstes Stück Knives in Hens wurde 1995 in Edinburgh uraufgeführt. Die deutschsprachige Erstaufführung fand im März 1997 unter der Regie von Thomas Ostermeier in der Baracke des Deutschen Theaters (Berlin) statt. Im selben Jahr wurde Messer in Hennen von der Fachzeitschrift Theater heute bzw. der Mehrheit der deutschen Theaterkritiker zum besten ausländischen Stück des Jahres gewählt. Gegenwärtig gehört Harrower zu den erfolgreichsten jungen Dramatikern Europas.